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Rechtliches

Rahmenbedingungen für ausländische Direktinvestitionen in der Russischen Föderation

Das Föderale Gesetz „Über ausländische Investitionen in der Russischen Föderation“ als Rechtsgrundlage für die Investitionstätigkeit

Am 14. Juli 1999 trat in Russland das neue Gesetz „Über ausländische Investitionen in der Russischen Föderation“ (AuslInvG) Nr. 160-FZ vom 09.07.1999 in Kraft. Die Vorschriften des AuslInvG erstrecken sich auf ausländische natürliche und juristische Personen sowie auf nicht als juristische Personen gegründete ausländische kommerzielle Organisationen, die in Russland eine Investitionstätigkeit betreiben[1]. Die Kernaussagen dieses Gesetzes bestehen darin, dass ausländische Investoren die gleichen Rechte besitzen, dass Vermögen grundsätzlich nicht enteignet werden darf und dass nach der Entrichtung der Steuern und Abgaben frei über den Gewinn verfügt oder dieser ins Ausland überwiesen werden darf. Eine Sicherheit für Investoren bildet auch das bilaterale Abkommen, welches zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation besteht.

Im Art. 2, Abs. 4-6 AuslInvG legt der Gesetzgeber die Begriffe ‚ausländische Direktinvestitionen’ und ‚vorrangiges Investitionsvorhaben’ fest. Unter ausländischen Direktinvestitionen wird Folgendes verstanden:

– der Erwerb einer mindestens 10%gen Beteiligung am Grundkapital eines russischen Unternehmens durch den ausländischen Investor oder die Gründung eines solchen Unternehmens mit 10%ger Übernahme des Grundkapitals

– die Gründung einer Filiale einer ausländischen juristischen Person

– die Ausübung einer Leasinggebertätigkeit für bestimmte Ausrüstungen, deren Zollwert mindestens eine Million Rubel beträgt[2].

Ein vorrangiges Investitionsvorhaben ist ein Investitionsprojekt mit einem kumulierten Anteil ausländischer Investitionen von mindestens 1 Mrd. Rubel bzw. ein Investitionsprojekt mit einem Mindestanteil ausländischer Investoren am Satzungskapital eines Unternehmens von 100 Mio. Rubel.[3] Diese Investitionsprojekte müssen in ein besonderes Verzeichnis der russischen Regierung aufgenommen und bestätigt werden.[4]

Einen wichtigen Punkt des Gesetzes stellt der sog. Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Dieser besagt, dass rechtliche Vorschriften für Aktivitäten ausländischer Investoren und Normen zur Verwendung des erzielten Gewinns nicht nachteiliger ausgestattet sein dürfen als jene, die Aktivitäten russischer Investoren regeln.[5] Somit erlangen ausländische Investoren die gleichen Rechte und Pflichten wie russische Investoren. Allerdings sind Einschränkungen der Rechte ausländischer Investoren in Ausnahmefällen zulässig, wenn sie dem Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung, der Moral, der Gesundheit, der Rechte und gesetzlicher Interessen dritter Personen sowie der Sicherheit des Staates dienen.[6]

Rechtliche Formen der Geschäftstätigkeit für ausländische Investoren

Ausländer, die ein Unternehmen in Russland betreiben, sind russischen Staatsbürgern gleichgestellt. Die häufigste Rechtsform für die Führung von Unternehmen in Russland ist die GmbH. Weniger häufige Formen sind die OHG, die KG und die AG (geschlossen und offen). Zusätzlich sind ausländische Personen berechtigt, Filialen und Repräsentanzen in Russland zu eröffnen.

Juristische Personen nach russischem Recht

Juristische Personen nach russischem Recht unterliegen den grundlegenden Bestimmungen des russischen Zivilgesetzbuches (ZGB) Art. 48, Ziff. 1 Das ZGB unterteilt juristische Personen in kommerzielle und nichtkommerzielle Organisationen.  Für kommerzielle Organisationen stellt das russische ZGB folgende Rechtsformen zur Verfügung:

Personengesellschaften:

– Volle Gesellschaft

– Gesellschaft auf Vertrauen

Kapitalgesellschaften:

– Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

– Gesellschaft mit zusätzlicher Haftung

– Offene und geschlossene Aktiengesellschaft (AG).

Alle juristischen Personen unterliegen in Russland einer Registrierungspflicht. Die Vorschriften zur Registrierung von Unternehmen beinhaltet das föderale Gesetz „Über die staatliche Registrierung juristischer Personen“ Nr. 129-FZ vom 08.08.2001.

In folgenden Abschnitten wird auf die Bestimmungen der meistverbreiteten Rechtsformen bei Geschäftstätigkeit ausländischer Investoren in Russland eingegangen.

Gesellschaft mit beschränkter Haftung            

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird in Russland durch Art. 87-94 ZGB sowie das Gesetz „Über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ vom 01.03.1998 geregelt. Eine GmbH ist eine juristische Person und bedarf zum Erlangen ihrer Rechtsfähigkeit einer staatlichen Registrierung. Sie kann durch eine oder mehrere Personen errichtet werden. Für die Gründung einer GmbH sind ein Gründungsvertrag und eine Satzung erforderlich. Der Gründungsvertrag legt u.a. den Gesellschafterbestand, Höhe des Stammkapitals, Anteile der Gesellschafter und Zeitpunkt ihrer Einbringung fest. Die Satzung beinhaltet die Angaben über die Firma der Gesellschaft, Sitz der Gesellschaft, Höhe des Stammkapitals, Vorschriften über das Ausscheiden der Gesellschafter sowie Übertragung der Geschäftsanteile. Die Anzahl der Gesellschafter darf 50 nicht übersteigen, sonst muss die GmbH in eine offene Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Das Mindest-stammkapital einer GmbH beläuft sich auf 100 Minimallöhne (derzeit ca. 300,- Euro), neben Geldeinlagen kommen Sacheinlagen ebenfalls in Frage. Die Gesellschaft haftet mit ihrem ganzen Vermögen, wobei die Gesellschafter nur in Höhe ihrer Einlagen verpflichtet werden können. Die Gesellschafterversammlung stellt das oberste Organ einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung dar und trifft die Grundentscheidungen bei solchen Themen wie Gewinnverteilung, Bestellung der Geschäftsführung sowie Bestätigung der Jahresabschlüsse.[7]

Aktiengesellschaft

Art. 96-104 ZGB sowie das Gesetz „Über Aktiengesellschaften“ in seiner geänderten Fassung vom 07.08.2001 regeln die Rechtsstellung einer Aktiengesellschaft in der Russischen Föderation. Große Relevanz haben ebenfalls die gesetzlichen Bestimmungen der Wertpapiergesetzgebung.

Grundsätzlich werden Aktiengesellschaften in geschlossene und offene unterteilt:

– Eine geschlossene Aktiengesellschaft ist gemäß Art. 97, Abs. 2 ZGB eine juristische Person, deren Aktien nur unter bestimmten Voraussetzungen und unter Einhaltung der Vorkaufsrechte der Aktionäre auf Dritte übertragbar sind. Übersteigt die Anzahl der Aktionäre 50, so ist die Gesellschaft in eine offene Aktiengesellschaft umzuwandeln.

– Bei einer offenen Aktiengesellschaft können gemäß Art. 97,  Abs. 1 ZGB die Aktien ohne Einwilligung der Aktionäre an einen Dritten veräußert werden. Darüber hinaus ist eine offene Zeichnung der neuemittierten Aktien sowie deren freier Verkauf uneingeschränkt gestattet.[8]

Eine Aktiengesellschaft wird durch Beschluss der Aktionäre gegründet und bedarf unerlässlich einer staatlichen Registrierung. Als Gründungsdokument gilt die Satzung. Das Mindestgrundkapital beträgt bei einer geschlossenen Aktiengesellschaft 100 Minimallöhne (derzeit ca. 300,- Euro), bei einer offenen Aktiengesellschaft 1.000 Minimallöhne (derzeit ca. 3.000,- Euro) und kann auch in Sacheinlagen eingebracht werden. Die Aktiengesellschaft haftet mit ihrem gesamten Vermögen, die einzelnen Aktionäre in Höhe ihrer Aktienanteile. Die Aktionärsversammlung, die mindestens einmal im Jahr einberufen werden muss, entscheidet als oberstes Organ einer Aktiengesellschaft über die Änderung der Satzung, Auszahlung der Dividende, Reorganisation und Liquidation der Gesellschaft. Das russische Recht schreibt eine obligatorische Registrierung der Ausgabe von Aktien und sonstigen Emissionspapieren durch die föderale Wertpapierkommission vor. Nicht registrierte Wertpapiere dürfen an Dritte nicht übertragen werden. Die aktuell geführte Verwaltungsreform sieht die Übertragung der Funktionen der föderalen Kommission für den Wertpapiermarkt an den Föderalen Dienst für Finanzmärkte vor, der sich momentan im Gründungsstadium befindet.[9]

Repräsentanz

Eine Repräsentanz ist eine typische Form der „Nicht-Betriebsstätte ausländischer Unternehmen“ und wird zur Vertretung der ausländischen Muttergesellschaft errichtet. Sie ist keine selbständige juristische Person im Sinne des russischen Rechtes.[10] Die rechtliche Basis für die Gründung einer Repräsentanz bietet die noch aus sowjetischen Zeiten stammende Verordnung Nr. 1074 vom 30.11.1989 „Über die Festsetzung der Verordnung über das Verfahren der Errichtung und der Tätigkeit von Repräsentanzen ausländischer Gesellschaften, Banken und Organisationen in der UdSSR“ an. Art und Umfang der Tätigkeit einer Repräsentanz entscheiden über die Besteuerung ihrer Einkünfte. Bei der Ausübung ausschließlich repräsentativer Tätigkeit für die Muttergesellschaft, bleibt eine Repräsentanz von Steuern befreit. Sollten die Aktivitäten über die vorbereitende und unterstützende Tätigkeit hinausgehen, unterliegt sie mit ihren Einnahmen den russischen Steuern.

Filiale als Zweigstelle einer ausländischen Gesellschaft

Eine Filiale nach russischem Recht ist eine steuerpflichtige Betriebsstätte einer juristischen Person, jedoch selber keine juristische Person[11]. Sie liegt außerhalb des Sitzes der Muttergesellschaft und wird zur Ausübung ihrer Funktionen, kommerzieller und repräsentativer, am anderen Ort gegründet. Die Gründung einer Filiale empfiehlt sich vor allem für ausländische Gesellschaften, die kommerzielle und nicht nur rein repräsentative Aktivitäten in der Russischen Föderation anstreben.


[1] Vgl. Müller (1999), S. 71.

[2] Vgl. Art. 2, Abs. 4 AuslInvG

[3] Vgl. Art. 2, Abs. 6 AuslInvG.

[4] Vgl. Müller (1999), S. 73.

[5] Vgl. Müller (1999), S. 71.

[6] Vgl. Art. 4, P. 2 AuslInvG.

[7] Vgl. Beiten Burkhardt (2005) , S. 16 ff.

[8] Vgl. Beiten Burkhardt (2005), S. 18 f.

[9] Vgl. Beiten Burkhardt  (2005), S. 19.

[10] Vgl. Beiten Burkhardt  (2005) , S. 11.

[11] Vgl. Art. 4, P. 3 AuslInvG.